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Stepanie Syjuco's crochet workshop in Karlsruhe. CLICK IMAGE TO OPEN GALLERY. All images: Fidelis Fuchs. © ZKM
Auf den Philippinen kann sich kaum jemand Designer-Originale leisten. Gleichzeitig floriert dort eine ausgeprägte Fälschungsindustrie. Die Künstlerin Stephanie Syjuco, in Manila geboren und in den USA aufgewachsen, arbeitet seit 2008 am Counterfeit Crochet Project: In diesem online-basierten Projekt fordert sie zum strategischen Fälschen der Designer-Taschen von Gucci, Louis Vuitton und Co. auf. Und tatsächlich senden ihr User aus aller Welt handgemachte Bootlegs - 'Outsourcing' nennt Syjuco das. Wir waren dabei, als die Künstlerin für The Global Contemporary mit einer Karlsruher Hobby-Häkelgruppe eine ganze Taschen-Kollektion produziert hat.
Im Hinterzimmer von Wunderwoll, einem Handarbeitsbedarfsgeschäft in der Karlsruher Südstadt, türmt sich die Wolle fluffig und weich in den Regalen. Geschmeidig wickeln sich die Wollfäden um die Finger der fünf Frauen, in der Mitte des Tisches sammeln sich Kekse und Fruchtsäfte. Gabi, die Ladenbesitzerin, arbeitet an einer klassischen brauen Louis Vuitton.
„Mich interessiert das Handgemachte und die Fähigkeiten, die man dafür braucht“, erklärt Syjuco, während sie konzentriert auf ihre Hände blickt. Jedes Land, in dem sie das Counterfeit Crochet Project bisher gezeigt hat, sagt sie, habe eine eigene Handarbeitskultur. In Peking habe niemand ihr Projekt wirklich verstanden - „Ein paar Leute in der Ausstellung sagten sogar, ich könne mir ein paar Straßen weiter besser gefälschte Handtaschen kaufen“, erzählt sie und lächelt. Im Istanbuler Workshop habe sie einigen Männern das Häkeln beibringen wollen, doch die hätten sich regelrecht gewehrt: „Es war ziemlich machomäßig“. Wie das in Deutschland sei, fragt sie in die Gruppe häkelnder Frauen. Vanessa erzählt von einem häkelnden Macho, den sie kennt und Ladenbesitzerin Gabi schildert einen Trend der Allgäuer Skaterszene, die sogenannten Boschi-Mützen, der Jungs jetzt zum Stricken bringe.
Wie sie die Karlsruher Damen denn finde? „Sie sind wahnsinnig schnell!“ - sagt Stephanie Syjuco beeindruckt und fast unverschämt freut sie sich darüber, dass sie ausgerechnet ihr Louis Vuitton-Projekt mit erfahrenen Häklerinnen umsetzen kann. Denn 2009 bekam Syjuco einen Brief von Louis Vuitton in dem ihr untersagt wurde, weiterhin das Logo der Marke für ihre Handtaschen zu nutzen. Handarbeit wie diese unterstütze Kinderarbeit und Terrorismus. Drei Mal kam dieser Brief. Jetzt häkelt Syjuco mit den Damen an einer ganzen Kollektion des Labels: „Ich verstehe eigentlich das rechtliche Problem nicht. Ich bin nicht einmal Produzentin der Taschen“ Sie blickt amüsiert in die Runde - „Wenn überhaupt, dann müsste Louis Vuitton hinter diesen Ladies hier her sein“.
Gespräch/Protokoll: Vanessa Werthwein und Frauke Schnoor. Wunderwoll Stricktreff (u.a.): Gitta Tabery, Rita Elsäßer, Gabi Bodesohn, Vanessa Werthwein